In dieser Expertensprechstunde beantwortet unsere Expertin Anja Grobe, Augenarzt aus Leipzig (Grünau), Fragen von Patienten zum Thema "Diabetische Retinopathie".
Die Diabetische Retinopathie ist eine Folgeerkrankung von Diabetes mellitus. Sie schädigt die Blutgefäße der Netzhaut (Retina) im Auge. Bei der Netzhaut handelt es sich um eine Schicht aus Nervenzellen, die mit 0,2 bis 0,3mm extrem dünn ist. Sie wird durch feine Blutgefäße mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt und ist mit ihren Fotorezeptoren dafür zuständig Lichtstrahlen in Nervenimpulse umzuwandeln. Nur durch eine ausreichende Versorgung kann die Netzhaut ihre zahlreichen Funktionen aufrechterhalten.
In Folge einer Diabetischen Retinopathie kommt es zur Schädigung dieser feinen Blutgefäße, wodurch die Nervenzellen unterversorgt und die Gefäßwände brüchig werden. Es kann dann zu Einblutungen und Fett- und Einweißablagerungen in das benachbarte Gewebe kommen, infolgedessen Sehstörungen auftreten, die bis zur Erblindung führen können.
Bei uns in Europa ist die Diabetische Retinopathie übrigens eine der häufigsten Ursachen für Erblindungen bei Menschen zwischen 20 und 65 Jahren. Dabei erkranken Typ-1-Diabetiker doppelt so häufig an Diabetischer Retinopathie als Typ-2-Diabetiker. Häufig zeigen sich auch erst nach langer Krankheitsdauer von etwa 10 bis 20 Jahren Beschwerden, sodass für jeden Diabetiker eine regelmäßige Vorsorge beim Augenarzt von Anfang an – also direkt nach der Diagnose - zu empfehlen ist.
Nicht ganz. Dabei handelt es sich um eine Form der Diabetischen Retinopathie, bei der die Schädigung direkt in der Netzhautmitte, der Makula oder auch Gelber Fleck genannt, stattfindet. Die Makula ist das Zentrum des scharfen Sehens, weshalb eine Schädigung der dortigen Zellen den Verlust der zentralen Sehschärfe und eine starke Sehverschlechterung herbeiführen kann.
Insbesondere beeinträchtigt wird davon die Lesekraft, viele Patienten können dann meist auch kein Fahrzeug mehr führen. Das Diabetische Makulaödem oder auch Diabetische Makulopathie, entsteht vor allem durch Fettablagerungen und eine mangelnde Durchblutung aufgrund von Flüssigkeitsansammlungen und Verdickungen der Makula.
Wie bereits angedeutet, äußern sich die Beschwerden einer Diabetischen Retinopathie recht spät, weshalb viele betroffene Diabetes-Patienten erst bei Beschwerden einen Augenarzt aufsuchen. Dann beschreiben die Betroffenen häufig, dass sie nur verschwommen sehen können, die Dinge nur unscharf erscheinen oder sie den Eindruck haben, dass alles unter einem grauer Schleier verhüllt wurde.
Das sind Symptome, die in Folge einer Überzuckerung, bereits die ersten Schäden an der Netzhaut charakterisieren. Auch dunkle Flecken oder Probleme beim Sehen in der Nacht sowie ein erschwertes Erkennen von Kontrasten und Farben sind ernste Anzeichen, die nicht ignoriert werden dürfen. Damit weist eine Diabetische Retinopathie Ähnlichkeit mit anderen Augenerkrankungen auf, die es abzuklären gilt.
Es kann auch vorkommen, dass Patienten über die gleichen Symptome klagen, aber bei ihnen (noch) kein Diabetes diagnostiziert wurde. In solchen Fällen ist eine umfassende Abklärung sowohl beim Hausarzt als auch Augenarzt sinnvoll, um eine exakte Diagnose stellen und eine geeignete Therapie einleiten zu können. Wenn Sie eines oder mehrerer dieser Symptome bei sich wiederentdecken, sollten Sie umgehend einen Augenarzt aufsuchen.
Nun, nicht jeden Diabetiker trifft die Diabetische Retinopathie und bei Weitem auch nicht gleichermaßen stark. Jeder Diabetes-Patient bringt individuelle Voraussetzungen mit, die den Krankheitsverlauf beeinflussen.
In erster Linie stehen die Blutzuckerwerte im Vordergrund. Ist der Blutzuckerspiegel häufig am schwanken oder über einen längeren Zeitraum erhöht, stellt dies ein hohes Risiko für die Entwicklung einer Netzhautschädigung dar. Aber auch ein zu hoher Blutdruck oder erhöhte Cholesterinwerte, Übergewicht und Bewegungsmangel sowie Stress können den Krankheitsverlauf beeinflussen.
Generell gilt eine gesunde Ernährung und aktive Lebensführung als wirkungsvoller Beitrag zu Ihrer Gesundheit. Bei einer Diabetischen Retinopathie gilt dies in einem ganz besonderen Maße. Jede Schwankung kann sich ungünstig auf den Verlauf und damit auf das Sehvermögen auswirken. Um einer diabetischen Netzhautveränderung vorzubeugen, sollten Sie zudem auch ein Normalgewicht anstreben bzw. erhalten, sich viel bewegen und Alkohol in Maßen genießen.
Wenn Ihnen die Diagnose Diabetes schon längere Zeit bekannt ist und Ihr Blutzuckerspiegel starken Schwankungen unterliegt oder gar stets erhöht ist, ist eine Diabetische Retinopathie wahrscheinlich. Auch wenn noch keine Beschwerden bestehen, kann die Netzhautschädigung bereits begonnen haben. Eine umfassende Untersuchung beim Augenarzt kann den endgültigen Aufschluss darüber geben, wie es im Ihre Augen und das Sehvermögen gestellt ist.
Die Untersuchungen zur Feststellung von diabetischen Netzhautveränderungen sind vielfältig und geben alle nötigen Informationen über die unterschiedlichen Bereiche des Auges. So zum Beispiel die Hornhautdicke, Aussehen und Zustand des Sehnervkopfes, der Makula und der Netzhaut. Gängige Verfahren die zur Diagnostik heran gezogen werden sind beispielsweise:
Keine Angst, alle Diagnoseverfahren sind schmerzlos und schonend. Für die jeweilige Untersuchung müssen die Augen oder das Augeninnere nicht berührt werden. Einzig das Verabreichen von Augentropfen, um die Pupille zu erweitern und einen besseren Einblick auf die Netzhaut zu erhalten, kann notwendig werden.
Die beste Behandlung diabetischer Netzhautveränderungen ist eine frühzeitig beginnende und gute Einstellung des Blutzuckerspiegels, damit eine Diabetische Retinopathie erst gar nicht auftritt. Wenn es aber doch zur Erkrankung kommt, gilt es dieses Ziel weiterhin im Auge zu behalten und je nach Stadium der Erkrankung unterschiedliche Behandlungswege einzuleiten, beispielsweise:
Das ist eine Injektionstherapie, bei der Wirkstoffe direkt in den Glaskörperraum des Auges verabreicht werden. Dieser Eingriff erfolgt unter sterilen Bedingungen und in lokaler Betäubung des Auges. Das auf Proteinen basierende Medikament wird injiziert und verbleibt mehrere Wochen im Auge. In dieser Zeit gibt es stetig seine Wirkung ab, die das Fortschreiten der Netzhautschädigung eindämmt.
Die Laserbehandlung kommt zum Einsatz, wenn eine Verdickung der Netzhaut und des benachbarten Gewebes besteht, sodass die Sauerstoffversorgung der Netzhaut nicht mehr ausreichend gegeben ist. In diesen Fällen wird mittels Laserstrahl das Gewebe verödet und eine Verbesserung der Sauerstoffversorgung erzielt. Über ein Kontaktglas wird die Netzhaut durch die Pupille hindurch mit dem Laserlicht behandelt. Auch dieser Eingriff wird ambulant und nach vorheriger Betäubung der Augenoberfläche durchgeführt.
Bei fortgeschrittenen Befunden, wenn eine Lasertherapie nur noch wenig bewirken kann, ist eine Vereisung der peripheren Netzhaut möglich. An verschiedenen Stellen wird die Netzhaut bei einer Temperatur von etwa -80°C vereist. Das Ziel der Behandlung ist Vernarbungen zu erzeugen und so eine bessere Sauerstoffversorgung der Netzhaut zu erreichen. Auch Einblutungen werden dabei häufig mit aufgelöst. Für diese Behandlung sind eine örtliche Behandlung und ein kurzer Krankenhausaufenthalt notwendig.
Sie persönlich haben es allerdings auch in der Hand: Mit einer gesunden Lebens- und Ernährungsweise und viel Selbstdisziplin können Sie den Verlauf der Krankheit verlangsamen und größere Schäden an Ihrer Sehkraft vorbeugen.
Die Experten-Sprechstunde dient nur der allgemeinen Information, nicht der Selbstdiagnose und ersetzt eine Behandlung weder medizinisch noch rechtlich. Die Antworten spiegeln die Meinung des Autors wider und nicht die der Betreiber von www.pluspatient.de
Augenarzt Anja Grobe
5.0 von 5 Sternen. 2 Bewertung(en). Zum Bewerten bitte auf den gewünschten Stern drücken.
Das Ärzteportal von Patienten für Patienten
Arzt finden
Wichtige Themen
Neueste Themen
Medizin von A-Z
Häufigste Suchen
Experten im Gespräch