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Pseudarthrose
Und verzögerte Knochenbruchheilung

Wenn Knochenbrüche nicht richtig verheilen, ist dies meist mit Bewegungseinschränkungen und Schmerzen verbunden. Wachsen die Knochenteile nicht zusammen, bildet sich ein quasi bewegliches Knochenareal heraus, weswegen man auch von einer Pseudarthrose spricht. Ins Deutsche übertragen lässt sich dieser aus altgriechischen Wortstämmen gebildete Begriff als „Falschgelenk“ oder „unechtes Gelenk“ bezeichnen.

Die Diagnose von Pseudarthrose

Die Diagnose wird üblicherweise erst nach Ablauf von etwa sechs Monaten gestellt, vorher spricht man von einer verzögerten Frakturheilung. Fünf bis zehn Prozent aller Knochenbrüche verheilen nicht richtig. Zu den Risikogruppen zählen vor allem alte, schwer kranke und immobile Patienten, deren Gewebe nur eingeschränkt zur selbsttätigen Regeneration fähig ist. Die Bildung neuer Knochenzellen aus Stammzellen benötigt unter anderem mechanische Anreize. Dank neuer Therapieformen, wie der Behandlung mit zusätzlich eingebrachten Stammzellen und Wachstumsfaktoren, haben sich die Heilungschancen jedoch deutlich verbessert.

Symptome bei verzögerter Knochenbruchheilung und Pseudarthrose

Am häufigsten treten verzögerte Knochenbruchheilung und Pseudoarthrose nach Schaftbrüchen an langen und röhrenförmigen Knochen auf, wie sie im Unterschenkel, Oberschenkel, Oberarm und Unterarm enthalten sind. Zudem sind auch die sogenannten Kahnbeine, bestimmte Hand- und Fußwurzelknochen, häufig betroffen.

Zu den typischen Symptomen zählen Schmerzen im betroffenen Knochen- und Gelenkbereich, mehr oder minder starke Bewegungseinschränkungen und Instabilität, da schlecht zusammengewachsene Knochen weit weniger belastbar sind. Aber auch Hypermobilität, also übermäßige Beweglichkeit, kann als Folge von Pseudoarthrose vorliegen. Weitere häufige Begleiterscheinungen von schlecht oder gar nicht zusammenwachsenden Knochen sind Schwellungen und Rötungen.

Ursachen von Pseudoarthrose und verzögerter Knochenbruchheilung

Unter normalen Bedingungen beginnt die Heilung von Knochenbrüchen unmittelbar nach der Verletzung, indem Blut aus verletzten Blutgefäßen an der Fraktur gerinnt. Zwischen den Bruchstellen entsteht eine bindegewebeartige Verbindung, in welche Knochenzellen einwandern. Diese Osteoblasten bilden neue Knochensubstanz, sodass aus dem Bindegewebe und den Osteoblasten nach und nach neuer Knochen entstehen kann, der sogenannte Kallus.

Bei jungen Erwachsenen liegen meist Verletzungen durch Sport-, Arbeits- oder Verkehrsunfälle zugrunde. Die Ursachen für verzögerte Heilung von Knochenbrüchen und Pseudarthrose lassen sich unter anderem in mechanische Faktoren und systemische Krankheiten wie arterielle Verschlusskrankheit und Diabetes unterteilen. In höherem Lebensalter kommen Krankheitsbilder wie Osteoporose als bedeutender Einflussfaktor hinzu. Zudem können sich therapeutische Fehler wie zu schnelle oder mangelnde Mobilisierung negativ auf die Frakturheilung auswirken.

Weitere Ursachen können sein:

  • Einlagerung von Weichteilen in die Bruchstelle
  • Dislokation bzw. Distraktion
  • Ungenügende Blutversorgung
  • Infekte
  • Gewebeverlust
  • Mangelhafte Ruhigstellung
  • Zu frühe Mobilisierung
  • Krankheiten

Diverse weitere die Gesundheit beeinflussende Faktoren wie Nikotinkonsum können sich individuell auf die Genesung nach Knochenbrüchen auswirken. Für eine erfolgreiche Behandlung von schlecht verheilenden Knochenfrakturen und Pseudarthrose ist die genaue Bestimmung aller Ursachen von höchster Wichtigkeit, um die Therapie auf den individuellen Befund abzustimmen.

Therapieansätze bei ungenügender Knochenbruchheilung

Je nach Schweregrad werden Knochenbrüche in der Orthopädie konservativ mit Gipsverbänden oder zusätzlich operativ behandelt. Das Zusammenwachsen der Fraktur kann im Rahmen der therapeutischen Betreuung bei Bedarf aktiv angeregt werden. Beispielsweise kann die Umwandlung von Bindegewebe in Knochenzellen mit niedrig gepulstem Ultraschall unterstützt werden. Die mechanische Stoßwellentherapie kann dazu dienen, Mikrofrakturen herbeizuführen, die das Knochenwachstum anregen.

Bei der operativen Behandlung von Knochenbrüchen können sehr genau an den konkreten Befund angepasste mechanische Hilfsmittel wie Platten und Nägel eingebracht werden, um ein sauberes Verwachsen der Fraktur zu unterstützen. Ein weiteres bewährtes Mittel ist körpereigenes Knochenmark, das Stammzellen enthält und beispielsweise problemlos aus dem Beckenkamm gewonnen werden kann. Neuartige Therapieansätze nutzen mit Stammzellen oder anderen die Knochenneubildung fördernden Faktoren beschichtete mechanische Hilfsmittel.

Neben körpereigenen Stammzellen haben sich diverse pharmazeutisch gewonnene Substanzen als die Knochenneubildung anregende Heilmittel bei verzögerter Knochenbruchheilung und Pseudoarthrose etabliert. Für die genaue Gestaltung der Therapie von Pseudarthrose ist unter anderem der Grad der Gefäßversorgung entscheidend: Bei guter Versorgung spricht man von einer hypertrophen vitalen aktiven Pseudarthrose, bei mangelnder Gefäßversorgung von einer atrophen avitalen Pseudarthrose.

Bei ausgedehnten Pseudarthrosen von zehn cm Länge oder mehr wird seit den 1950er-Jahren das Verfahren der Kallusdistraktion angewandt, um Knochen zu verlängern. Hierbei durchtrennt der Chirurg den Knochen und bewegt die beiden Teile nun über einen längeren Zeitraum mittels von außen bedienbaren Fixierschrauben in kleinen Schritten in Längsrichtung auseinander, um die Bildung neuer Knochenmasse in den Zwischenräumen anzuregen. Diese Behandlung kann mehr als ein Jahr in Anspruch nehmen.

Die Erfolgschancen bei der Therapie von schlecht verheilten Knochenbrüchen und Pseudarthrose sind mittlerweile hoch. Häufig ist hierfür eine Kombination aus verschiedenen Therapieansätzen erforderlich. Chirurgen, niedergelassene Ärzte, Pflegekräfte, Physiotherapeuten und der Patient müssen hierfür Geduld aufbringen und gut zusammenwirken. Dank guter Teamarbeit sind erstaunliche Heilerfolge möglich.

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Zuletzt aktualisiert am: 21.08.2023

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